Gute Tage (B0098I270G) by Roger Willemsen

Gute Tage (B0098I270G) by Roger Willemsen

Autor:Roger Willemsen [Willemsen, Roger]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783104025490
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2012-09-12T04:00:00+00:00


»Fucking Je t’aime!«

Jane Birkin in Paris

Man geht durch einen Hinterhof. Dann durch den nächsten. Jemand schreit von oben einen falsch geparkten Wagen an. Oder seinen Besitzer. Es wird rangiert. Drei Autos setzen sich in Bewegung. Aus dem Büro im Erdgeschoss dirigiert ein aufgebrachter Kittelträger die Fahrer. Auch als sie schon unter dem Torbogen verschwunden sind, schreit er weiter. Zwei Autos kehren zurück, parken wieder.

»Dépêche toi! Vite, vite!«

Im Schacht des Hofes treffen sich die Stimmen, die von unten hinaufgrölenden, die von oben runtergebrüllten. Der gemauerte Trichter schickt sie gemischt in den blauen Himmel.

»Oui«, kommt Jane Birkins Stimme aus dem Metallrost der Sprechanlage. »Come up!«

Ihre Stimme wird vom Windhauch ihres Atems betrieben. Zu viel Luft, zu viel Hauch. Die Silben kommen in einer Hülle aus Atemluft. Erst ist die Luft da, dann wird ein Laut in sie hineinmoduliert, ein Klang, eine Silbe.

Draußen ist es zufällig im selben Augenblick mit einem Schlag still. Der Bekittelte schließt das Fenster. Als er wieder erscheint, hält er eine Mülltonne in den Pranken und rollt sie wie auf Samtpfoten über den Hof, die Augen nicht von der Tür wendend.

Schon die erste Jane Birkin meines Lebens war so. Sie war auf dem Cover der Single »Je t’aime« allein zu sehen, schwarz-weiß unter einem Schriftzug, der an Afri-Cola erinnerte, mit Beinen, die der Schatten schluckte. Erst konnte ich gar nicht identifizieren, was an »Je t’aime« Gesang sein sollte, wer da sang und wovon genau, aber auf den ersten Klassenfesten der Schule waren zwei Dinge verboten: Das Licht auszumachen und »Je t’aime« zu spielen. Das machte die Platte kostbar.

Die nächste Jane Birkin tollte als Nymphchendarstellerin (wie man damals fand) neben Vanessa Redgrave durch Antonionis »Blow Up«, riss im Film die Studiodekoration ein und ruinierte mit ihrem Hintern den Folienhintergrund, wobei man ihre Beine zappeln und David Hemmings abdrücken sah. Das war so frisch wie »Her mit den kleinen Engländerinnen«. An etwas wie »Je t’aime« hätte man nie gedacht. Trotzdem produzierte der kurze, unbeschwerte Auftritt den sogenannten »Schamhaar-Skandal« und mit ihm den Presse-Namen: »Jane Blow up Birkin.«

Die dritte Jane Birkin war eine Trabantin der Nouvelle Vague oder zumindest ihrer verkäuflicheren Ableger. Man sah sie im »Swimmingpool« neben Romy Schneider, Maurice Ronet und Michel Piccoli, sah sie in bisexuellen oder androgynen Rollen wie in »Don Juan 73«, wo sie die Liebhaberin von Brigitte Bardot spielt, oder in »Das wilde Schaf«. Sie erschien und verschwand im Bereich der peripheren Aufmerksamkeit. Wäre sie nicht in kühnen »Lui«-Fotos, gefesselt ans Bett, an die Heizung, »Warencharakter« darstellend, wieder aufgetaucht, wir hätten sie allmählich vergessen. Ihre kleinen Brüste mit den starken Knospen, ihr schmales Becken, ihre vorstehenden Zähne, ihren manchmal einfältig herausgewölbten Mund, der im Lachen alle Proportionen durcheinander brachte. Es gibt Menschen, die wechseln die Persönlichkeit im Lachen. Jane Birkin kam einem so vor.

Aber dann war da noch die Jane Birkin an der Seite, nein, mitten in der Alliance terrible mit Serge Gainsbourg, ein Objekt der Mutmaßungen. Denn wer hätte sich das Leben an der Seite dieses wandelnden Ernstfalls vorstellen können, eines Mannes, der in Frankreich



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